Jahresausflug ins Elsass

Veranstaltungen

An einem frühen, aprilartigen Samstagmorgen Ende August traf sich eine handverlesene Schar aus allen Ecken des Kreisverbands zum diesjährigen Sommerprogramm, einem Ausflug ins Elsaß.

In drei Privatfahrzeugen steuerten wir, gelenkt durch die Wunder der Satellitentechnik, unser erstes Ziel Straßburg an. Nachdem wir schon an unserem Abfahrtsort Schwetzingen (teilweise vergeblich) noch auf Mitfahrer warten mußten, stand für zwei Wagenbesatzungen auch in Straßburg zunächst wieder Warten auf dem Programm: Das mit einem wohl inzwischen europaweit bekannten Demagogen, dem Chefredakteur eines sozialistischen Kampfblattes, der Kontaktperson des Kreisverbands zu internationalen Geldwäscher-Kreisen und nicht zuletzt (vielleicht um harmlos zu wirken) mit der einzigen Frau der Teilnehmerschaft besetzte Fahrzeug versuchte die Grenze auf einer Nebenroute zu überqueren, was der französischen Polizei jedoch nicht entging und zu einer spontanen hochnotpeinlichen Untersuchung führte.
Schließlich doch noch glücklich vereint steuerten wir als erstes das Straßburger Münster an. Das ist eine schöne große Kirche mit einer schönen großen Uhr, und vornedran werden erst nach elf Uhr Gürtel verkauft. Es folgte ein ausgedehnter Bummel durch die Altstadt, und nach der Beschaffung von Proviant wollten wir den Fußmarsch zum Europäischen Parlament antreten. An einem repräsentativen Platz mit kleiner Parkanlage angekommen, gestand unser Anführer endlich seinen Irrtum ein und erhörte die wütenden Proteste der älteren Semester, die noch wissen, was ein langer Fußmarsch
ist. (Beim Blick auf einen Stadtplan stellte sich später übrigens heraus, daß die eingeschlagene Richtung durchaus korrekt, die Strecke aber etwa um den Faktor 2,5 zu kurz geschätzt worden war.) Wir beschlossen also, den kleinen Park für ein Picknick zu nutzen, um später zurück zu den Autos zu gehen und zum Europäischen Parlament zu fahren. Während dieses Picknicks fand
möglicherweise auch unser eigentlich abgesagtes Treffen mit den französischen Jusos statt – da die Jugendlichen, die unweit unseres Rastplatzes saßen, stritten oder schliefen, jedoch bereits dem Alkohol
zugesprochen hatten, traute sich niemand von uns zu fragen...
Frisch gestärkt und ausgeruht folgten wir also den Wegbeschreibungen bzw.
Beschilderungen zum Europäischen Parlament. Das schon morgens abtrünnige Fahrzeug beschloß wieder einmal, andere Wege zu gehen als der Rest der Gruppe, und so konnte dieser Rest über den Kanal hinweg das Parlamentsgebäude als Ganzes betrachten sowie die Schar der Abtrünnigen, die sich am Fuße der Glasfassade mit obskuren gelb gewandeten Gestalten verbrüderte. Nach dieser eher weniger eindrucksvollen Erfahrung fuhren wir weiter Richtung Natzweiler-Struthof und warteten auf dem Parkplatz der KZ-Gedenkstätte auf die Ankunft der Abtrünnigen. Vorbei an schwarzen Wänden gelangt man zu dem mit Stacheldraht bewehrten Tor zum Lagergelände. Von den Baracken des Konzentrationslagers stehen nur noch drei, die als Ausstellungsräume genutzt werden, die Plätze der anderen sind frei planiert und mit Gedenksteinen gekennzeichnet.
Insgesamt weist die Gedenkstätte leider einige methodische Mängel und aus meiner Sicht auch eine teilweise fragwürdige Konzeption auf: In der Ausstellung werden zahlreiche deutsche Dokumente gezeigt, flankiert von französischen Beschreibungen und deren deutschen und englischen Übersetzungen. Ein Vergleich der deutschen Beschreibungstexte mit den Originalen warf dann oft ein eher schlechtes Licht auf die Übersetzer bzw. die Ausstellungsmacher. Außerdem hat mich persönlich gestört, daß außerhalb der Ausstellung viel Raum für die Glorifizierung der in Natzweiler-Struthof internierten französischen Widerstandskämpfer verwendet wurde – für meinen Geschmack zu viel Raum gemessen daran, daß diese politischen Häftlinge dort über Jahre besser dran waren als die Menschen, die in den späteren Jahren dorthin gebracht wurden, um teilweise in bestialischen medizinischen Versuchen oder im Rahmen der Vernichtungspläne ermordet zu werden. Trotz allem war der Besuch dieses Konzentrationslagers eine Erfahrung, die wohl bei uns allen zur Entstehung eines großen Kloßes im Hals geführt hat. Leider können wir dies nicht mit einem Gruppenbild belegen, da man in Frankreich scheinbar allein durch das Mitführen eines Stativs als professioneller Fotograf gilt, der für das Fotografieren vor einer Gedenkstätte eine spezielle Lizenz vorweisen muß...
Den Ausklang dieses Ausflugstags bildete schließlich aufgrund des strömenden Regens ein Indoor-Grillen in der Schwetzinger Geschäftsstelle. Zusammenfassend kann ich sagen, es war wieder ein nettes, interessantes Ausflugsprogramm, das vielleicht einen Tick besser organisiert hätte sein können. Aber um ehrlich zu sein, mache ich es niemandem zum Vorwurf, daß er sich nicht den Arsch aufreißt, wenn sich mal wieder nicht einmal drei Handvoll Jusos anmelden.

Christian Roth

 

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